Meine Geschichte
Als „Moarhöfe“ bezeichnete man im Mittelalter jene Höfe, in denen die Abgaben der Bauern an die kirchlichen und adeligen Lehensherren gesammelt wurden. Mein Moarhof liegt direkt neben der Pfarrkirche von Schlanders und war früher vom Deutschen Orden geführt. Mein Urgroßvater hat den Hof Ende des 19. Jahrhunderts von der Kirche abgekauft. Damals wurde nur Viehwirtschaft betrieben. Äpfel hat bereits mein Opa angebaut und mein Vater ahmte mit Sorten wie Winesap, Kalterer Böhmer und Renette seine Experimentierfreudigkeit nach. Von dieser hab wohl auch ich einiges abbekommen, denn ich liebe die Sortenvielfalt und innovative Projekte. So blühen seit dem heurigen Frühjahr in einer meiner Wiesen 800 Bäume der Sorte Kissabel in einer völlig anderen Farbe und Form als alle mir bisher bekannten Sorten. Auch der Apfel selbst ist anders: rotfleischig bis knapp zum Inneren hin, im Aroma beerig und mit leichtem Hauch von Vanille. Die Sorte ist absolutes Neuland für mich, vor allem im Anbau, beim Apfelzupfen, im Pflanzenschutz…alles sehr spannend. Bei den anderen Sorten, die ebenso alle in der Nähe der Etsch wachsen, habe ich längere Erfahrungswerte. So erfreut mich die Sorte Bonita Jahr für Jahr mit guten Erträgen und geschmacklich machen es ihr Gala, Pinova, Ambrosia, Topaz und Red Delicious gleich gut nach. Bald plane ich den Apfel „mit den weißen Sternschnuppen auf der dunkelroten Schale“, nämlich Cosmic Crisp zu pflanzen. Auch er macht mich neugierig und fasziniert mich mit seinen besonderen Aromanoten.
Da meine Tochter Simone mal den Hof übernehmen wird, muss ich nochmal Rückfrage bei ihr halten, ob ich den spätreifenden Envy auch ins Sortiment mitaufnehmen darf. Als ich ihn vor einigen Jahren schon testen wollte, war sie strikt dagegen, weil meine Enkel noch klein sind und sie nicht auch noch im November Äpfel ernten wollte, seien sie noch so gut. Die Zeit mit ihren Kindern ist ihr heilig und mit den vielen Sorten, die wir eh schon anbauen, ist unser Erntefenster bereits sehr gestreckt und zeitintensiv. Aber wer weiß, wenn die Enkelkinder mal größer sind, werden wir dem Envy wohl nicht mehr widerstehen können.
Das Mikroklima des Vinschgaus öffnet so viele Türen zu so vielen wohlschmeckenden Sorten, die sich hier prächtig entfalten können und meiner Experimentierfreude noch nie Grenzen gesetzt haben. Bauer im Vinschgau zu sein bedeutet für mich, optimistisch in die Zukunft zu schauen und offen für Neues zu bleiben.