Meine Geschichte
Von meinem Vater habe ich gelernt, die Sinnhaftigkeit vieler Maßnahmen in der Landwirtschaft zu hinterfragen und nicht nur nach Lehrbuch vorzugehen. Im Alter von dreißig Jahren habe ich den „Tappeinerhof“ in Kortsch bei Schlanders von ihm übernommen. Als zweitältester Bruder hatte mein Vater mit einem kleinen Erbteil und mit viel Fleiß und Geschick den Hof aufgebaut, den ich heute nach biologischen Prinzipien führe. Lange schon bevor am „Tappeinerhof“ Bio betrieben wurde, waren nachhaltige Maßnahmen Teil unseres Alltags wie zum Beispiel Anbringen von Vogelnestern, Einsaaten und „Saftfallen“ aus Essig, Apfelsaft und Wasser gegen Schädlinge. Tätigkeiten, die damals und heute noch Sinn machen.
Wir (Töchterchen Amalia und ich) lieben die Vielfalt der Früchte und ihrer Farben. Insgesamt bauen wir 10 verschiedene Apfelsorten an, darunter die im Vinschgau relativ jungen Sorten wie Ambrosia, Bonita, Sweetango und Cosmic Crisp. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass unsere Wiesen zwar alle innerhalb weniger Kilometer Entfernung liegen, aber fast schon unterschiedlichen „Klimazonen“ zugeordnet werden können: So blüht es in den Lagen auf 750 Meter sehr früh, während die Äpfel auf 1.000 Meter es gemütlicher angehen. Auch sind die Böden auf unseren Wiesen alle unterschiedlich was Bodenleben, Tiefe und Ursprungsgestein angeht. Als biologisch arbeitender Betrieb setzen wir natürlich nirgendwo Kunstdünger oder Herbizide ein, sondern betreiben Kompostwirtschaft. Damit schließen wir die Kreisläufe auf unserem Betrieb und sorgen dafür, dass die Bodenfruchtbarkeit durch die Bewirtschaftung sogar noch zunimmt, für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Wir wollen den Apfelbaum nicht unnütz „zwangsernähren“, um Fruchtgröße und Masse zu erzeugen, sondern er muss sich selbst seinen Weg im Austausch mit seiner Umwelt: dem Boden, den benachbarten Pflanzen, den Insekten Pilzen und Mikroorganismen erkämpfen. Dies fördert seine Widerstandsfähigkeit und weckt Selbstheilungskräftekräfte zu seinem Vorteil und zum Vorteil für uns Bauern im Apfelparadies Vinschgau.
Natürlich war die Umstellung auf Bio nicht einfach. Es war vor allem mental eine große Herausforderung, mit den sehr begrenzten Möglichkeiten im Pflanzenschutz auszukommen und ihre Wirkungen genau kennenzulernen. Der Zeitpunkt für den Einsatz will gut gewählt sein, das fordert Präsenz und eine gute Beobachtung der Apfelbäume. Ein Biobauer entwickelt somit ein Gespür für die Lebensabläufe in der Natur. Er mutet seinen Kulturen kleinere Probleme zu und greift erst bei sich anbahnenden ernsten Fehlentwicklungen rechtzeitig lenkend ein. Doch gleichzeitig wurde mir klar, dass sich Bio verdammt ehrlich präsentiert, völlig ungeschminkt natürlich und irgendwie unheimlich stark ist.